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Trainingscamp in Italien


Mit der Motivation und dem Willen, sich dem Radrennsport zu verschreiben, kam auch die Überlegung, an einem Trainingscamp teilzunehmen.
Als Anfänger hat man tausend Fragen, ist unsicher und möchte am liebsten gleich voll einsteigen, soweit es jenseits der vierzig noch möglich ist.
Es werden Zeitschriften studiert, Fernsehberichte verfolgt, im Internet recherchiert, soweit die Theorie und wie schaut es mit der Praxis aus???
Was nützt ein tolles RR-Rad, wenn man noch nicht einmal die elementarsten Grundkenntnisse der Zeichensprache während der Gruppenausfahrten kennt, geschweige so richtig das Vermögen und die Grenzen seines Fahrrads und sich selbst getestet hat.


All das waren gute Gründe, bevor es an eine RTF ging, sich diese Kenntnisse im Trainingscamp zu holen. Nach unzähligen Recherchen, war es klar, es sollte Mitte April an die Adria gehen, dort wartete der Veranstalter des Camps "Carroussel Sport 2000".
Der Prospekt war viel versprechend, es könnte ein anstrengender adrinalinreicher Sporturlaub werden. Nach 1500 km Autofahrt, war das Ziel "Cervia", ein Badeort zwischen Rimini und Venedig, bei herrlichem Sonnenschein erreicht. 20 – 24 Grad und Sonnenschein sollte uns die kommende Woche versüßen, in Deutschland waren es gerade mal 10 – 15 Grad, also beste Bedingungen, mal richtig Gas zu geben.
Nach dem Einschecken in unserem 4 Sterne Hotel bezogen wir unser Domizil mit Balkon und Blick auf das Meer, dass war schon mal ein guter Einstand. In der Hotellobby trafen immer mehr RR-Fahrer ein, die ebenfall am Camp teilnehmen wollten. Viele waren nicht zum ersten Mal dabei und gaben interessante Hinweise und gut gemeinte Ratschläge. Das Hotel war überwiegend von Campteilnehmer belegt. So schien es auch im Umfeld der Hotelanlage, denn wir sollten nicht die einzigen RR-Fahrer an der Adria sein. Die Gegend ist ein bekanntes Radsortparadies, ein Trainingsarsenal für Fahrer aus der ganzen Welt.
Am Abend wurde dann das gemeinsame Briefing durchgeführt, die Trainer vorgestellt und den Tourenablauf des nächsten Tages besprochen. Es war nicht so einfach, sich für die richtige Gruppe zu entscheiden, aber lieber etwas langsamer einordnen als sich überpesen. Am darauf folgenden Morgen trafen sich dann alle nach einem reichhaltigen Frühstück auf dem Vorplatz der Hotelanlage, die Fahrräder blitzten, die Trinkflaschen waren gefüllt und die Luftdrücke wurden noch einmal kontrolliert.


Punkt 09:30 Uhr sollte es dann losgehen. Vier Gruppen mit einem Tempo zwischen
26 – 30 km/h im Durchschnitt, standen zur Auswahl. Ein reges Gewusel zwischen routinierter Gelassenheit und getriebener Unruhe war im Fahrerlager an der Tagesordnung.
Nachdem sich alle einer Gruppe zugeordnet hatten, ging es im langsamen Tempo aus dem Ort, durch die kargen Salzsalinen und wenig befahrenen Strassen. Erst einmal stand das gemeinsame Kennen lernen auf dem Programm und die Trainer kontrollierten die Fahrweise sowie die Einstellungen am Fahrrad und die Sitzhaltungen aller Fahrer. Im gemächlichen Tempo mit entsprechendem Führungswechsel ging es durch die Ebene der Emilia Romagna. Disziplin war nun von jedem gefordert. Nach ca. 30 km ging es in die Berge, endlich das was man sich ersehnt hatte, mal an die Grenze kommen und schauen ob man gut im Training steht. Die ersten Steigungen von 6-10% waren noch recht annehmbar, aber es sollte ja noch besser kommen. Schauergeschichten von 18% Steigung machten die Runde, die uns in den nächsten Tagen noch erwarten sollte. Zum Glück habe ich mich erst mal in die langsame Gruppe begeben um mich langsam ranzutasten, denn berücksichtigt man die Steigungen, ist auch 26 km/h nicht unbedingt sehr langsam und die Erfahrung fehlt auch noch.
Es ist eine herrliche Gegend, soweit man bei den Anstiegen noch einen Blick dafür hat.
Hügelige Landschaft, Berge mit saftiges Grün, Passstrassen, Serbentienen und einzelne Dörfer, die wie Pilze auf den Hügeln trohnen, wie aus längst vergessenen Zeiten, einfach verzaubernd.
Jetzt zeigt sich, dass der Wind im Norden, eine gute Grundlage für den Krafteinsatz an der Steigung ist. Es ging immer noch verhältnismäßig flüssig, zum Erstaunen der Franken.
Für die sind solche Berge nicht unbedingt ein Fremdworte, aber ein Flachländler der mithalten kann, löst schon Verwunderung und Respekt aus. Die Abfahrten verlangten dagegen die ganze Konzentration und die nötige Kraft in den Händen.
Mit teilweise 60 km/h ging es dann wieder die Serpentinen hinunter. Hier zeigte sich, was das Fahrrad aushält und wie man sein Gewicht verlagern muß, um sich nicht zu verbremsen, dass könnte fatale Folgen haben. Wenn nach 9 Km Abfahrt die Bremsleistung langsam nachlässt, weil die Felgen heiß geworden sind, die Hände schmerzen und die Gedanken an dem neuen griffigen Contireifen hängen, ist man froh, dass die Abfahrt von allen unfallfrei absolviert wurde (Adrenalin pur).
Solche Abfahrten sind für uns Nordlichter ja sonst nicht realisierbar, darum muß man sie genießen, an sich arbeiten und sich austesten, so dass die Selbstsicherheit zunimmt. Nach zwei Stunden Bergtraining, ging es dann geschlossen wieder durch die Ebene, Richtung Meer. Ein Gefühl wie nach getaner Arbeit, mit den Gedanken: "Dass war erst der Anfang, was kommt noch auf uns zu?" "Jeden Tag über 100 km abspulen, was wird das Hinterteil dazu sagen?" "Wird meine Kraft ausreichen, sonst waren gerade mal 100 km gerade aus, das Ziel?"
"Wird es einen Muskelkater geben" usw.?
Gegen 15:30 Uhr kamen wir dann im Hotel an und das beheizte Schwimmbecken (25 m) gab die nötige Abkühlung und Entspannung. Nach dem Training gab es erstmal Pasta und damit "Basta", dann war Zeit für Urlaub. Nach dem reichhaltigen Abendbuffet für "Sportler", ging es dann in die Tavernen, wo gemeinsam gefachsimpelt und bei Capuccino und Rotwein Kontakte geknüpft wurden. Die nächsten Tage waren ähnlich gestaltet, natürlich mit noch mehr Höhenmeter und noch mehr Kilometer auf den Spuren von Marco Patani und dem
Nove Colli, ein RR-Event (210/130 km und 3500 Hm) immer im Mai, der einiges abverlangt.
Es ging durch die majestätisch geschwungene Landschaft mit Ihren steilen Hügeln, die über die Serpentinen, schon 9-12 km Anstieg bedeuten können, wobei man denkt, nach jeder Biege muß doch gleich das Ende kommen, aber der Blick auf den Tacho gibt die Realität wieder frei, noch höher!!! Eine Voransage vom Trainer, macht eine effektive Einteilung des Anstiegs möglich, so dass man sich jede Kurbelumdrehung einteilen kann und im Runden Tritt und ruhiger Atmung die Steigung nimmt. Nach dem Anstieg war natürlich auch eine obligatorische Pause drin, die bei Capuccino in der Taverne genutzt wurde.
Übrigens viel Trinken ist Pflicht und so kam es auch mal vor, das sich die Wasserflaschen untereinander ausgetauscht wurden, um die Reserven gleichmäßig aufzuteilen. An den Strecken gibt es vereinzelt Trinkbrunnen, die eigentlich Wasser führen sollten, aber wie gesagt manchmal auch nicht (schließlich sind wir in Italien), und da kann man schon mal schnell in Nöte geraten, bevor der nächste Brunnen angefahren werden kann wobei die Sonne erbarmungslos brütet.
Jeden Abend erfolgte das Briefing, bei dem jede Gruppe vom Trainer reflektiert und die Strecke von morgen besprochen wurde. Nur die wohlklingenden Namen der Berge und Orte waren mir noch nicht sehr vertraut. Ich hatte den Eindruck, je wohlklingender die Namen der Berge und Anstiege wie: "Bertinora", "Polenta", "Barbotto", "Pugliano" oder "Gorolo" desto bedrohlicher erschienen sie mir. Schnell war man in die Truppe hineingewachsen, es bestand eine super Verbundenheit und Hilfsbereitschaft zwischen allen Fahrern, dass war ein gutes Gefühl und Motivation für das Kommende.
Ein Ruhetag wurde zur Erkundung der Gegend genutzt und wie konnte es anders sein, natürlich auch für den Einkauf von Rennkleidung und Fahrradteilen.
An der Adria schlägt das Herz des Rennsports, einfach ein tolles Angebot, für jeden Geschmack die Qual der Wahl.
Nach einer Woche war das Camp leider vorbei, kein Muskelkater und das Hinterteil war auch noch dran. Eine Zeit, in der ich vielseitige Erfahrungen gesammelt habe und viele interessante Menschen kennen lernte. Ein Trainingscamp in familiärer Atmosphäre, mit einem tollen Veranstalter.

Ciao, Italia, 2008!!! Natürlich mit Carrousel Sport 2000!
(15.04.2007, Gert Friedel)